Das Fach Sozialwissenschaften setzt in der Oberstufe neu ein und gehört in das gesellschafts­wissenschaftliche Aufgabenfeld.

Im Unterricht werden integrativ Inhalte aus drei wissenschaftlichen Disziplinen behandelt: der Ökonomie, Soziologie und Politikwissenschaft.

Soziologie, d.h. die Lehre von der Gesellschaft, beschäftigt sich mit dem Aufbau von Gesellschaft(en) und der Erforschung ihres gegenwärtigen Zustandes. Sie fragt aber auch danach, wie sich das Zusammenleben der Menschen ändert und wie die zukünftige Gesellschaft aussehen könnte.

Ökonomie (Wirtschaftswissenschaft) beschäftigt sich - grob – mit der Frage, wie Bedürfnisse der Menschen durch Güterproduktion befriedigt werden.

Politikwissenschaft setzt sich mit der Regelung menschlichen Zusammenlebens, mit Fragen nach der Erlangung von Macht und Herrschaft sowie deren Kontrolle auseinander.

Unterricht im Fach Sozialwissenschaften möchte u.a. einen Beitrag dazu leisten, dass sich bei den Schülerinnen und Schülern ein Interesse entwickelt an langfristig bedeutsamen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Problemen; dass sie ihr eigenes gesellschaftliches Umfeld, aber auch fremde Lebenswelten aus sachlich-kritischer Distanz wahrnehmen und dass sich eine Bereitschaft zur Beteiligung am demokratischen Gemeinwesen ausbildet bzw. verfestigt.

Somit betrachtet das Fach Menschen immer aus zwei Blickrichtungen: als gesellschaftliche Produkte und als Gestalter der Gesellschaft.

Welche Themen in den einzelnen Unterrichtsreihen ausgesucht werden, hängt von aktuellen Entwicklungen sowie von der besonderen Interessenlage im Kurs ab. Die Auswahl kann begrenzt von den Vorgaben der verbindlichen Lehrpläne gemeinsam mit den FachlehrerInnen vorgenommen werden.

Das Fach Sozialwissenschaften wird einerseits als durchgängiges Fach von der Einführungsphase bis zur Qualifikationsphase 2 angeboten.

Sofern die Belegungspflicht im gesellschaftlichen Aufgabenfeld es erfordert, kann Sozialwissenschaften aber auch in den Halbjahren Q2.1 und Q2.2 als Zusatzkurs gewählt werden. Im Verlauf der beiden Halbjahre in der Q2 sollen laut Lehrplan für das Fach die drei oben genannten Disziplinen angemessen repräsentiert sein.

Soziologie:

Wissenschaft von den formalen und inhaltlichen Zusammenhängen des Lebens in Gesellschaften. Die Soziologie ist eine Wirklichkeits- oder Erfahrungswissenschaft. Früher wurde sie auch als Gesellschaftslehre bezeichnet.

Wirtschaftswissenschaften:

Bezeichnung für die wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit dem grundlegenden Aufbau, den Abläufen und den Zielen der Wirtschaft befassen. Bei der Einteilung der Wirtschaftswissenschaften wird von zwei selbstständigen Fachrichtungen ausgegangen, der Volkswirtschaftslehre und der Betriebswirtschaft.
(Wirtschaft: die Gesamtheit aller Einrichtungen wie Unternehmen, private und öffentliche Haushalte sowie die notwendigen Abläufe wie Käufe und Verkäufe, die mit der Herstellung und dem Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen verbunden sind.)

Politikwissenschaft:

Die Wissenschaft, die sich mit den Erscheinungsformen des politischen Lebens beschäftigt.
(Politik: Das allgemeine Handeln staatlicher und nicht-staatlicher Akteure, das auf die Durchsetzung von Vorstellungen zur Ordnung von Gemeinwesen und auf die Verwirklichung von Zielen und Werten gerichtet ist.

Aufgaben und Ziele des Faches

Didaktische Konzeption und fachliche Anforderungen

Das Fach Sozialwissenschaften hat es mit gesellschaftlichen Sachverhalten zu tun, die unmittelbar das Leben der Menschen berühren. Gesellschaftliches durchdringt und formt Menschen als „soziale Wesen“ in ihrer Selbstwerdung und in ihrem Zusammenleben; Die Sozialisation, die Verinnerlichung der Gesellschaft als subjektive Wirklichkeit macht Menschen handlungsfähig und gibt ihnen ein Bild von sich selbst. Aber der einzelne Mensch geht nie in der Gesellschaft auf; in der Spannung gegenüber gesellschaftlichen Anforderungen schärft sich das Selbstgefühl des Einzelnen.

Die Gesellschaft ist also einerseits eine objektive Gegebenheit, insofern menschliche Handlungen und Erfahrungen sich in sozialen Rollen, Institutionen, Symbolen, Werkzeugen, Maschinen, Bauwerken usw. objektivieren. Obwohl sie Produkte menschlichen Handelns sind, gewinnen diese Objektivationen eine scheinbar naturwüchsige Eigenständigkeit. Sie sind für den Einzelnen Bedingung seiner menschlichen Existenz und üben auf ihn einen Einfluss aus, dem er sich nicht entziehen kann. Andererseits ist Gesellschaft auch eine subjektive Gegebenheit. Sie wird vom Einzelnen arbeitend und kommunizierend, interpretierend und handelnd angeeignet und umgestaltet. Sozialer Veränderungswille und sozialer Wandel sind grundlegende gesellschaftliche Sachverhalte.

Entsprechend hat sozialwissenschaftlicher Unterricht immer zwei Zielrichtungen: Er will die Menschen als gesellschaftliche Produkte und Gestalter der Gesellschaft zugleich verstehen und damit sowohl gegen ein verdinglichtes als auch gegen ein idealistisch überhöhtes Selbstverständnis anarbeiten. Kompetentes Handeln in gegebenen gesellschaftlichen Strukturen und kritisch-selbstreflexives Nachdenken über gesellschaftliche Formungen und die engagiert-verantwortliche Bearbeitung gesellschaftlicher Probleme sollen gefördert werden. Beide Lernbewegungen (gesellschaftliche Kompetenz und gewissenhafte Selbstreflexion) sollen bei keinem Thema auseinander gerissen werden, nur in ihrer Verbindung sind sie bildend.

Sie erfordern nicht enzyklopädische Kenntnisse über alle gesellschaftlichen Entwicklungen, aber sozialwissenschaftliches Orientierungs-, Erschließungs-, Erklärungs- und Handlungswissen in Inhaltsfeldern, die gesellschaftlich bedeutsam sind:

  • Marktwirtschaft: Produktion, Konsum und Verteilung
  • Wirtschaftspolitik
  • Individuum, Gruppen und Institutionen
  • Gesellschaftsstrukturen und sozialer Wandel
  • Politische Strukturen und Prozesse in Deutschland
  • Globale politische Strukturen und Prozesse

Inhaltsfelder

Die folgende Tabelle bietet einen orientierenden Überblick. Der didaktische Zusammenhang, der obligatorische Kern sowie die erwartete Qualitätsstufe der Bearbeitung werden in den Ausführungen zu den 6 lnhaltsfeldern dargestellt.

Inhaltsfeld I Marktwirtschaft: Produktion, Konsum, Verteilung
  • Marktsystem, wesentliche Ordnungselemente und normative Grundannahmen, Funktionen von Preisen und Wettbewerb; optimale Ressourcen-Allokation
  • Zusammenhang von Produktion, Einkommen, Konsum
  • Grenzen des Marktsystems: Konzentration, Krisen, ökologische Fehlsteuerung
  • Rolle des Staates in der Sozialen Marktwirtschaft
Inhaltsfeld II Individuum, Gruppen und Institutionen
  • Sozialisation des Individuums in sozialen Gruppen und Institutionen (Grundbegriffe und Erklärungsansätze)
  • Rollenhandeln: strukturfunktionalistische und interaktionistische Rollentheorie
  • Soziale Gruppen und Institutionen: institutions- und organisationssoziologische Grundkenntnisse
  • Qualifizierung im Rollenhandeln: Wahrnehmungs-, Kommunikations-, Kooperationsübungen
Inhaltsfeld III Politische Strukturen und Prozesse in Deutschland
  • Grundprinzipien der deutschen Demokratie
  • Verfassungsgrundsätze des Grundgesetzes
  • Identitäts- und konkurrenztheoretische Demokratiekonzepte und demokratietheoretische Grundlagen des Grundgesetzes
  • Auswirkungen des raschen sozialen Wandels auf das politische System, auf Partizipationsformen, auf das System sozialer Sicherung
Inhaltsfeld IV Wirtschaftspolitik
  • Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
  • Umwelt- und wohlfahrtsökonomische Gesamtbilanzen
  • Wirtschaftspolitische Konzeptionen
  • Grenzen nationaler Wirtschaftspolitik angesichts fortschreitender Globalisierungsprozesse
Inhaltsfeld V Gesellschaftsstrukturen und sozialer Wandel
  • sozialer Wandel komplexer Gesellschaften in wichtigen Bereichen wie z. B. Arbeit und Bildung
  • empirische Daten zur sozialen Ungleichheit und Zusammenhänge zwischen Ressourcen, Lebenschancen, politischer Macht
  • soziale Sicherung und Sozialpolitik
  • Entstrukturierungs- und Neustrukturierungsvorgänge, Konfliktpotentiale und Steuerungschancen
  • staatliches Handeln als Reaktion auf Marktmacht oder Organisationsmacht
Inhaltsfeld VI Globale politische Strukturen und Prozesse
  • Erscheinungsformen und Ursachen
  • Muster politischer Antworten auf globale Prozesse
  • Ziele und Aufgaben internationaler Politik
  • Rückwirkungen auf politische Entscheidungen im nationalen Rahmen

Europäische Entscheidungs­prozesse näher kennenlernen, darum ging es für die Schü­lerinnen und Schüler der Q2 am 21. März 2014 in einem Plan­spiel. Dank der Organisation un­serer Schülerin Selina Brink­mann, die dieses Planspiel schon einmal in der Summer School erleben durfte, hatten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, selbst einen Gesetzes­entwurf zum Thema erneuerbare Energien zu entwickeln sowie in einem Entscheidungsprozess darüber abzustimmen.